Ordnung
ist das halbe Leben?
Falsch!
Hier irrt der Volksmund! Bei mir ist es jedenfalls nur ein sehr viel kleinerer
Bruchteil davon! So´n Hundertstel… allenfalls… oder noch weniger… Wenn es nach
mir ginge, könnte man das Wort aus dem Wortschatz streichen! Leben funktioniert
auch ohne Ordnung ganz gut – eigentlich sogar besser… hm…hm…hm…la…la…la…
Nehmen
wir mal mein Zimmer!
Ich
liebe mein Zimmer wie es ist und außer mir muss schließlich niemand drin leben,
höchsten mal Miss Sofie, wenn sie mich übers Wochenende besuchen kommt. Und die
ist der Ansicht, dass man sich – erste Priorität - in seiner Butze wohlfühlen muss.
Ich
bin ja sowieso der Meinung, dass der Precht (also dieser Philosoph, dessen
Bestseller sich meine Mam grade reinfüllt) vollkommen Recht hat.
Liebe
und Unordnung gehören einfach zusammen.
Auch
bei der Liebe zu meinem ZIMMER.
Je
unordentlicher es ist, umso mehr liebe ich es!
Das
ist Heimat, das umfängt mich, nimmt mich jeden Abend liebevoll in seine Arme
auf…
Mein
ungemachtes Bett, das ich nicht mal mehr abdecken muss, heißt mich willkommen…
Die
CD, die noch im Player liegt, breitet auf einen einzigen Tastendruck hin, ihren
behaglichen Klangteppich zu meinen Füßen aus.
Ich
brauche ihn nur betreten und schon wandle ich wie auf Wolken, gerate ins
Schweben und kann endlich Träume zulassen…
Was
gibt es Schöneres nach einem stressigen Tag?
Leben
ist nun mal etwas voll Emotionales und lebt von Inspiration und Spontaneität…
Aufräumen dagegen ist was voll Rationales und tötet jede Inspiration ab, legt
dem freien Geist Fesseln an und zwingt die Fantasie in fremdbestimmte
Ordnungsmuster. Von Menschen erfunden, die andere Menschen damit terrorisieren
wollen.
Davon
abgesehen:
Man
kann mit einem ordentlichen Zimmer einfach nicht kommunizieren! Und
Überraschungen erlebt man darin auch nicht.
Das
ist wie WhatsApp ohne Freunde oder würfeln mit einem Würfel ohne Augen. Du
kriegst nie ne Sechs!
Ihr
kapiert nicht? Haltet mich für durchgeknallt? Dann schaut mal auf die kleine
Episode aus dem DREHBUCH meines Lebens:
Szene 1: Motzis Zimmer,
Tag. Motzi sucht etwas in ihrem Zimmer und redet dabei mit ihm:
„Eh,
wo ist denn wieder mein Mathebuch! Hast du es verschluckt? Nun komm, spuck es
aus, ich muss Aufgaben machen…“
Das Zimmer stellt
sich taub, weiß aber um die verborgenen Schätze in seinem Inneren und lächelt
sanftmütig.
Während
ich also noch nach dem Mathebuch suche, finde ich diese mega hippe Zeitschrift
mit dem Poster von Cara Delevingne
und muss das erst mal rauslösen und an meine Fanwand hängen. Wie die wieder so
guckt… Sieht so krass aus und gibt mir tausendmal mehr als ein ödes Mathebuch.
Okay,
ich vergesse dann manchmal weiter danach zu suchen, nach dem Mathebuch… und die
Aufgaben zu machen… und oft auch, es am nächsten Tag mit in die Schule zu
nehmen…
Weil,
ich muss ja erst mal die neue Haarkreation und das Augenmakeup von dem Poster
ausprobieren…Denn wir sehen uns ja schon etwas ähnlich, die Cara und ich…
Ach
so… wegen dem Mathebuch… das kann ja mal passieren… dass man das aus dem Auge
verliert…dafür sieht das Poster sowas von toll aus an meiner Wand…
Ich
könnte es stundenlang aus meiner Hängematter heraus anschauen…
Ich
finde Cara ja sooo cool, voll wild, unangepasst und durchgeknallt… also wenn
ich keine Eltern hätte... in mir steckt bestimmt genauso viel Power… aber die
darf ich ja nicht rauslassen…
Ein
STAR könnte ich sein!
Stattdessen,
werde ich zu niederen Hausarbeiten gezwungen!
„Hier“,
sagt meine Mutter, kippt mich aus der Hängematte – sowas von brutal – und
drückt mir das Saugrohr vom Staubsauger in die Hand.
„Wenn
das gnädige Fräulein, dann mal seinen Allerwertesten in Schwingungen versetzten
könnte, die der Allgemeinheit dienlich sind!“
Was
dient denn daran der Allgemeinheit, wenn ich verdonnert werde, Staub zu saugen?
Sklavenarbeit!
Ein völlig undemokratischer Akt! Verstößt garantiert gegen die Menschenrechte…
oder so… muss einer doch wohl selber entscheiden können, ob und wann er das
macht…in SEINEM Zimmer!
„Schreib
eine Beschwerde an den Haager Gerichtshof“, empfiehlt meine Mutter und ich habe
den Eindruck, dass sie mein Grundbedürfnis nach Entspannung weit weniger ernst nimmt, als die paar
Staubflusen auf meinem Zimmerteppich.
Hat
sie vielleicht eine behandlungsbedürftige Hausstauballergie?
Nö,
sie muss weder ständig niesen, noch hat sie verquollene Augen, wenn sie mein
Zimmer betritt… na ja, einen etwas unnormalen Blick schon… so panisch
irgendwie…
Ich
ziehe Miss Sofie zu Rate.
Miss Sofie: „Ich glaube, deine Mutter hat einen
Reinlichkeitstick, das ist aber in ihrer Generation fast schon normal und vermutlich
auf ein frühkindliches Trauma zurückzuführen. War ihre Mutter „Nur-Hausfrau“?
Ich
denke an Oma Inge, Mamas Mutter, und
finde, dass das alles erklärt. Die hat einen Krümelroller, mit dem sie noch während
der Familien-Kaffeetafel am Sonntagnachmittag die Krümel vom Tisch rollert.
Abartig.
„Was
machen wir dagegen?“
Miss Sofie zuckt die
Schultern: „Tu deiner Mutter doch ab und zu den Gefallen und räum ein paar
Sachen in den Schrank, statt sie auf den Boden davor zu schmeißen…dann kann sie
besser saugen…und… äh… mit Kranken muss man liebevoll umgehen.“
ARRRGGGGHHH!!!